Gruber hofft auf Umkehr des Negativtrends bei der Ärzteversorgung

„Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihnen auf der Straße ein Allgemeinmediziner begegnet, ist erheblich gesunken“, fasst der Landtagsabgeordnete Gernot Gruber eine Auskunft des Sozialministers Manfred Lucha zur Ärzteversorgung im Rems-Murr-Kreis zusammen. Lucha hält die Anzahl von Ärzten und Praxen zwar für ausreichend, doch der Trend ist bedenklich.Im Rems-Murr-Kreis haben in den letzten fünf Jahren 76 Hausarztpraxen geschlossen, was einem Rückgang um fast ein Drittel entspricht. „Das ist eine extrem kurze Halbwertszeit auf dem so wichtigen Gebiet wie der Gesundheit“, gibt der Backnanger Sozialdemokrat zu bedenken, zumal sich viele Bürgermeister, Gemeinderäte und die Landesregierungen für den Erhalt von Arztpraxen eingesetzt haben.Der Rems-Murr-Kreis ist in die Versorgungsgebiete  Backnang (Gebiet des Altkreises Backnang im Rems-Kreis), Waiblingen/Fellbach und Schorndorf (mit dem Welzheimer Wald) eingeteilt.

In den Gebieten Waiblingen/Fellbach und Backnang beläuft sich der Versorgungsgrad mit Hausärzten auf gut 90 %; das sind über 10 % weniger als im Versorgungsgebiet Schorndorf. Dort gibt es bei 104 % geringfügig mehr Hausärzte je Einwohner, als allgemein für erforderlich gehalten wird. Bei weniger als 100 % droht laut Kassenärztlicher Vereinigung eine Unterversorgung. „Die wird umso akuter, je weiter man sich aus den Ballungszentren herausbegibt“, sagt Gruber. Kritisch an den Zahlen ist, dass Teilräume wie der Welzheimer Wald oder das Murrtal nicht separat bewertet werden – positiv aus Sicht des Abgeordenten ist es aber, dass das Land Gemeinden und Städte einzeln betrachtet, um diese gezielt fördern zu können.

So gelten Aspach, Althütte, Berglen, Großerlach, Kaisersbach und Spiegelberg als Gemeinden, die vom Landesförderprogramm Hausärzte unterstützt werden können. Voraussetzung hierfür ist ein Versorgungsgrad von unter 75%.
Im erweiterten Kreis der zukünftig (perspektivisch) förderfähigen Städten und Gemeinden listet das Ministerium Murrhardt, Welzheim, Alfdorf und Sulzbach auf.

Großerlach ist die einzige Gemeinde, die im Moment leider gar keine eigene Arztpraxis beherbergt und daher auf die Versorgung in Sulzbach, Spiegelberg und in Mainhardt angewiesen ist.

„Eine Trendumkehr ist ohne Gegensteuerung nicht zu erwarten. Schließlich ist bereits über die Hälfte der Hausärzte im Rems-Murr-Kreis älter als 55 Jahre,“, sagt Gruber. Dazu sei eine massive Förderung von Hausarztpraxen auf dem Land nötig, wie sie die SPD in ihrem 10-Punkte Programm seit Jahren fordert. Erfreulicherweise hat die grün-schwarze Landesregierung mit Unterstützung der Opposition die Zahl der Medizinstudienplätze bereits erhöht. „Die 120.000 Euro aus dem Förderprogramm Landärzte für sechs Gemeinden im Kreis seit 2012 sind hilfreich gewesen, sie reichen aber nicht aus, um den Negativtrend zu stoppen“, bilanziert Gruber.

Bei Zahnärzten sieht die Versorgung etwas besser aus. Auch hier rangiert der Altkreis Backnang beim Versorgungsgrad mit 90 % über 10 % hinter dem Raum Schorndorf. Die Zahl der Zahnarztpraxen verringerte sich in 5 Jahren nur gering, von 181 auf 176, – die Zahl der Kinderarztpraxen sank aber dramatisch von 31 auf 20. Abgesehen von der notorischen Unterversorgung mit Psychotherapeuten (Versorgungsgrad 82 %) hat der Rems-Murr-Kreis bei Fachärzten erfreuliche hohe Versorgungsgrade von über 100%:
Hautärzte (110,8%), Kinderärzte (111,9%), HNO-Ärzte (113,7%), Augenärzte (114,2%), Frauenärzte (115,8%), Urologen (116%) bis zu Chirurgen/Orthopäden mit dem Spitzenwert von 132,5%.
Bei der räumlichen Verteilung der Kassensitze wird die wohnortnahe Erreichbarkeit aus Sicht des Abgeordneten oft noch zu wenig berücksichtigt – hier gibt es allgemeine Vorgaben mit der Erreichbarkeit eines Hausarztes in 20, eines Kinderarztes in 30 und von Augenärzten/Frauenätzen in 40 Autominuten. Die Erreichbarkeit über den öffentllichen Nahverkehr ist keine Vorgabe.

Die sehr langen Arbeitswochen des klassischen Landarztes sieht mancher Nachwuchsmediziner kritisch. Hier könnten Gemeinschaftspraxen eine Option sein, um Praxisübergaben leichter zu organisieren und Arbeitszeiten attraktiver zu gestalten für die wichtige Arbeit der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung.

„Es wird nicht den einen Königsweg geben zur Trendumkehr bei der Ärzteversorgung“, sagt Gruber, „hier sind sowohl die Politik auf allen Ebenen als auch die kassenärztlichen Vereinigungen gefordert und letztlich die Bereitschaft genügend vieler Ärzte, die Versorgung im ländlichen Bereich als wichtige Aufgabe anzusehen.“ Aus vielen Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern weiß der Abgeordnete, dass diese den Ärztinnen und Ärzten dankbar sind, wenn sie sich in ländlichen Gemeinden niederlassen.

Die Antwort auf Gernot Grubers kleine Anfrage finden Sie zusätzlich HIER.

Lesen Sie hierzu auch den Bericht in der Backnanger Kreiszeitung vom 16.7.2020
unter https://www.bkz.de/nachrichten/aerztemangel-greift-um-sich-77870.html